Mehr als die Hälfte der in Südafrika lebenden Schwarzen gehören zur Sprachgruppe der Nguni: die Xhosa mit Hauptwohngebiet in der Provinz Ost-Kap, die Zulu im heutigen Kwazulu/Natal, die Swazi in Swaziland und in der Provinz Mpumalanga, in der auch die Ndebele ansässig sind.

Von der Sprachgruppe der Sotho bilden die Süd-Sotho vor allem das Staatsvolk des heutigen Königreichs Lesotho; in Südafrika leben sie vorwiegend in der Provinz Free State. Die Nord-Sotho (oder Pedi) sind vor allem in der Nord-Provinz ansässig. Die Tswana, das Staatsvolk von Botswana, leben in Südafrika in den Provinzen Nord-West und Nord-Kap.

Die Venda finden wir heute nur noch im Nordosten der Nord-Provinz, die Tsonga/Shangaan in den Provinzen Mpumalanga (Shangaan) und Kwazulu/Natal(Tsonga).

Der Besucher Südafrikas wird die unterschiedlichen schwarzen Völker nicht am Aussehen erkennen, genauso wenig, wie man einen Bayern von einem Preußen unterscheiden kann. Der moderne, urbane Schwarze hat ein modernes Outfit, geht seinem Beruf nach, spielt den neuesten Jazz, wohnt in Stadthäusern, fährt Auto – anders ausgedrückt: Er lebt ebenso ,,westlich" wie sein weißer Kollege. Trotzdem bleibt er in manchem seiner traditionellen Kultur treu, die in ländlichen Gebieten gelegentlich noch mehr oder weniger sichtbar ist.

Traditionelle Kleidung oder herkömmlichen Schmuck wird man nur noch selten sehen können. In Museumsdörfern, wie etwa in Shakaland, Botshabelo oder im Basotho Cultural Village wird versucht, Besuchern ein Bild der verschwindenden Kultur und ihrer Lebensformen zu vermitteln.

Ebenso wie bei ihren Sprachen, die alle zur großen Familie der Bantu-Sprachen gehören, zeigen sich in ihren sozialen und kulturellen Traditionen gemeinsame oder ähnliche Merkmale.

Die traditionelle Sozialstruktur war streng hierarchisch. König, Häuptling oder Chief waren Autoritäten, denen unbedingt Gehorsam geschuldet wurde. Alles Land war Gemeinbesitz. Wichtigste Gruppe ist die Familie mit dem Mann als Oberhaupt. Mit ihm leben seine Frau – auch mehrere Frauen – und die Kinder (auch verheiratete Söhne und unverheiratete erwachsene Töchter). Bei der Heirat muss der Mann einen ,,Brautpreis" zahlen – ursprünglich mit Rindern – der bei den Nguni lobola, bei den Sotho bogadi heißt und als Entschädigung der Brautfamilie für den Verlust an Arbeits- und Lebenskraft aber auch als rechtliche Absicherung gilt. Zehn Rinder waren etwa der Durchschnitt, aber eine Prinzessin war sicher nicht für weniger als 300 Rinder zu haben. Blieb die Ehe kinderlos oder scheiterte sie durch die Schuld der Frau, musste ihre Familie sie zurücknehmen und eine andere Tochter liefern, andernfalls den Brautpreis zurückzahlen. Auch für die in Städten lebenden Schwarzen ist eine Heirat heute kaum ohne ,,Lobola" zu haben, gezahlt wird jedoch meist mit Bargeld oder etwa einem Auto.

Mit ihrer Heirat ging die Frau vollständig in die Verwandtschaft ihres Mannes über. Frauen allein hatten die Feldarbeit zu leisten, für Brennholz und Wasser zu sorgen und die Kinder aufzuziehen, die sie – solange sie klein sind – auf dem Rücken gebunden ständig bei sich hatten. Vom Melken der Kühe waren sie jedoch ausgeschlossen. Der Mann, der traditionell die Familie vor wilden Tieren zu schützen hatte, Krieger und Jäger war, arbeitet heute vielfach in Bergwerken oder Fabriken außerhalb des Familienwohnorts.

Die Initiation, die Einführung in das Erwachsenenleben, vor allem der Jungen, spielt noch immer eine Rolle, wenn auch die damit verbundene, verbreitete Beschneidung heute manchmal im Krankenhaus vorgenommen wird.

Durch die zunehmende Verstädterung sowie die Abwanderung der Männer in den Bergbau lösen sich die ursprünglich starken sozialen Bindungen des Einzelnen an Großfamilie, Stamm oder Clan zunehmend.

Bis zu Beginn dieses Jahrhundert bauten die meisten Völker bienenkorbförmige Hütten aus einem kuppelförmigen, mit trockenem Gras bedeckten Gerüst. Das seither verbreitetere Rondavel aus senkrechten Wänden mit einem kegelförmigen Dach aus Gras oder Stroh, wird zunehmend von viereckigen, mit Wellblech gedeckten Steinhäusern abgelöst. Die Hütten der Nguni-Völker, die meist um den in der Mitte liegenden Viehkraal angeordnet sind, stehen selten allein, sie bilden zusammen einen ,,Kraal" der jeweils von einer Familie bewohnt wird. Die Kraals der Nguni liegen verstreut meist an Hängen der Hügel oder auf Kuppen, während sie bei den Sotho meist enger zu Dörfern zusammengeschlossen sind.

Ahnenverehrung und Glaube an ein Höchstes Wesen ist fast allen bantusprachigen Völkern gemeinsam. Den Ahnen werden als Dank oder mit der Bitte um Hilfe Opfer dargebracht. Medizinmann, Zauberer, Wahrsager und Hexen spielen noch immer eine Rolle. Sie können zwischen den Menschen und den Seelen der Ahnen vermitteln. Die meisten Schwarzen sind heute jedoch Christen. Größte der etwa 4000 unabhängigen Kirchen, in denen manches vom traditionellen Glauben aufgenommen wurde, ist die größte die Zion Christian Church; sie hat ihren Sitz in Zion City Moria in der Nord-Provinz. Der 1911 gegründeten Nazareth Baptist Church in Ekuphakameni, KwaZulu/Natal, gehören vor allem Zulu an.

Tanzen spielt im Leben aller schwarzen Völker eine zentrale Rolle Er ist fest in ihr Lebensgefühl eingebunden und fehlt bei keiner Zeremonie oder Festlichkeit – Tanz gehört sowohl zur Hochzeit wie zum Begräbnis. Mit Tanzen können sich Emotionen äußern, kann aber auch Verbindung zu den Ahnen aufgenommen werden.

Grundlage der Wirtschaft war bei den Nguni-Völkern traditionell die Viehhaltung, vor allem von Rindern, aber auch von Ziegen und Schafen. Rinder, deren Besitzer der Mann ist, waren in erster Linie Statussymbol und wurden nur zu besonderen Gelegenheiten geschlachtet. Zur Selbstversorgung wurde auch Ackerbau betrieben. Hirse, die ursprünglich wichtigste Feldfrucht, wurde durch den aus Amerika eingeführten Mais ersetzt. Mais und gesäuerte Milch waren die Hauptnahrungsmittel. Aus Hirse wird ein spezielles, nur gering alkoholhaltiges Bier gebraut.

Richtiges Verhalten in der Gemeinschaft, vor allem aber den Älteren gegenüber, die schon bald zu den Ahnen gehören werden, ist sehr wichtig. Zu den guten Sitten, die gelehrt werden, gehört zum Beispiel auch, dass beide Hände als Zeichen der Dankbarkeit ausgestreckt werden, wenn man ein Geschenk (oder Trinkgeld!) annimmt, oder dass Untergebene Höhergestellten nicht direkt ins Auge sehen.