Experten schätzen, dass zwei bis fünf Prozent der Kinder eines Jahrgangs einen IQ von über 130 haben. Somit werden pro Jahr ca. 20.000 hochbegabte Kinder geboren, und wenn ihre Eltern nicht irgendwann auf einen seriösen IQ-Test dringen, bleiben die meisten wohl unerkannt.

Oft geht Hochbegabung mit motorischen Störungen, Legasthenie oder ADS einher. Die Kinder werden verkannt und auf Sonderschulen abgeschoben. Dabei hat die Welt schon genügend legasthenische Genies gesehen.‘ Albert Einstein war so ein Fall, Leonardo da Vinci, Winston Churchill.

Intellektuell sind diese hochbegabten Kinder weiter als viele Erwachsene, aber emotional bleiben sie Kinder, und wir müssen sie mit besonderer Fürsorge begleiten. Underachiever nennt man die Kinder, die trotz überdurchschnittlicher Intelligenz eine Fünf nach der anderen schreiben. Sie sind ständig unterfordert – aber das glaubt ihnen eigentlich kaum jemand. Wenn sie eingeschult werden, können sie oft schon lesen, schreiben und rechnen. Natürlich schalten sie ab, wenn sie eine Woche lang ein A malen oder Fünf-Zeilen-Texte lesen müssen, während sie zu Hause Artikel aus der Tageszeitung verarbeiten. Sie kaspern herum und werden von vielen Lehrern bald als notorische Störer abgestempelt. Ergebnis: Sie lernen nicht zu lernen. Ein Problem, das sich spätestens in der weiterführenden Schule bitter rächt. Anstrengung, um etwas zu lernen – das haben sie nicht gelernt. Wozu auch? Es war doch immer alles so einfach, nie mussten sie sich bemühen!

Hochbegabte denken ganzheitlicher: Wenn sie eine Mathe-Aufgabe lösen, wissen sie oft sofort das Ergebnis, können die Zwischenschritte aber nicht erklären. Abgeschrieben, heißt es dann.

In Deutschland, wo das Thema Hochbegabung in Ausbildungs- und Fortbildungsrichtlinien kaum vorkommt, eine fast auswegslose Situation: ‚Wie sollte man den Lehrern klarmachen, dass das Kind, der Versager, hochbegabt ist? Da werden die Eltern schnell für überkandidelt gehalten und das Wort „Eislaufmutter" ist auch nicht weit. Eliteförderung ist in Deutschland immer noch ein Reizwort.

Elite ist verpönt, und so fühlen sich die Eltern hochbegabter Kinder, als ob sie gegen Betonmauern laufen bei der Suche nach einem adäquaten Schulplatz für ihr Kind. Lernbehinderte werden in Deutschland – zum Glück- mit allen Mitteln gefördert. Nur für die Hochbegabung will keiner zuständig sein – als ob sich eine derartig gravierende Schwierigkeit im Schulsystem von selbst regeln würde. Neben den bürokratischen Hindernissen aller Art gibt es ein weiteres Problem:

Hochbegabte Kinder sind teuer. Der schier unermüdliche Hunger nach Büchern, Computer-CD’s, dem dazugehörigen Computer, Schülerakademie, Beschäftigung in der Freizeit usw. kann nur in Großstädten einigermaßen durch öffentliche Büchereien, Vereine u.ä. befriedigt werden.

Viele selbsternannte Fachleute für dieses Thema fordern aber genau das von den Eltern: ständiges Enrichment außerhalb der Schule, damit es dort keine Schwierigkeiten gibt.

Noch teurer wird es, wenn die Eltern sich entschließen, ihr Kind in ein spezielles Internat zu geben. Ab 3500,- DM monatlich, ohne Nebenkosten, kommen dann auf sie zu.

Das Jugendamt unterstützt einige Familien, wenn dem hochintelligenten Nachwuchs nach Paragraph 35a des Kinder- und Jugendhilfegesetzes eine seelische Behinderung droht. Doch jedes Jahr wird neu entschieden, ob die Förderung weiter bewilligt werden kann.

Intelligenztest – muss das sein?

Als hochbegabt gelten die ungefähr zwei Prozent aller Menschen, die einen Intelligenzquotienten von mindestens 130 besitzen – der Durchschnitt liegt bei 100. Andere Testverfahren geben das Ergebnis als Prozentrang an, ein hochbegabter Mensch hat demnach einen Prozentrang von mindestens 98. Dabei darf man allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass Intelligenztests umstritten sind.

Intelligenz lässt sich nicht genau vermessen, und nicht allein die Leistung in bestimmten festgelegten Bereichen sagt etwas über einen Menschen aus. Auch das Ergebnis ist nicht absolut, sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab: Ist das Kind am Testtag in Form? Stimmt die Chemie zwischen Kind und Tester? Ist es durch negative Erfahrungen so blockiert, dass es beim Test gar nicht sein wahres Potential enthüllt?

Ungünstige Testbedingungen können das Ergebnis verfälschen; ein Kind scheint dann weniger begabt als es ist.

Umgekehrt wird jedoch kein Kind durch Zufall ein auffallend gutes Testergebnis erzielen. Es ist, schlicht gesagt, leichter, sich dumm zu stellen, als sich fälschlich als überdurchschnittlich intelligent zu präsentieren.

So umstritten und unzulänglich Tests sein mögen – so lange Schulpsychologen, Lehrer und Schulverwaltungsämter solche Unterlagen verlangen, um z.B. dem Überspringen einer Klasse zuzustimmen, sind Tests eine notwendige Hilfe, um mit Aussicht auf Erfolg argumentieren zu können.

Zudem hilft das Ergebnis vielen Kindern, sich selbst in der Welt besser einschätzen zu können. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder, die sich in ihrer Haut nicht wohl fühlten, ohne recht zu wissen warum, das Testergebnis häufig mit einem Aufatmen quittieren.

Häufig wird zu einem Test bei einem dafür qualifizierten und erfahrenen Psychologen geraten, um andere Ursachen für Probleme in der Schule oder im sozialen Umfeld auszuschließen.

Wichtig: Intelligenztests machen den Kindern Spaß! Wenn nicht, ist das Ergebnis nicht relevant.

Die Kosten für solche Tests werden von den Krankenkassen nur übernommen, wenn sie von einem Kinder- und Jugendpsychiater oder von einer Klinik durchgeführt werden.

Sonst fallen Kosten von 400,- bis zu 800,-DM an. Seriöse Tester, die ihre Arbeit gut machen, testen pro Tag höchstens zwei Kinder.

Da die Voraussetzung solcher Tests Lesen, Schreiben und Rechnen ist, werden sie bei Kindern ab dem Grundschulalter durchgeführt. Für Kindergartenkinder gibt es noch nichts vergleichbares.